Geburt Bräuche

Warum essen Holländer eigentlich zur Geburt Zwieback mit Mäuschen?

Die holländischen Bräuche rundum die Geburt unterscheiden sich erheblich von den Deutschen. In diesem Blog erfahrt ihr alles, was zu tun ist, wenn eure holländischen Freunde Eltern werden:

Herzlichen Glückwunsch, das Baby ist da! Nachdem die Geburtsanzeigen verschickt wurden, stehen Familie, Freunde, Nachbarn und Bekannte schon bald vor der Haustür, um den kleinen Erdenbürger zu bewundern. Nach altem holländischen Brauch wird den Gästen zu einer Tasse Tee oder Kaffee ein runder Zwieback mit rosa oder blau gezuckertem Anissamen serviert.

Woher kommt die Tradition der gezuckerten Anissamen?

Anissamen zu essen bei der Geburt eines Kindes ist ein typisch niederländischer Brauch. Bereits Ende des Mittelalters wurde Frauen nach der Geburt Anissamen verabreicht. Denn schon Hildegard von Bingen wusste, dass Anis zur Bildung der Muttermilch beiträgt. Damals war ausreichend Muttermilch überlebensnotwendig für Babys. Alternativen gab es kaum. Kuhmilch ist seit eh‘ und je für Babys eigentlich unverträglich. Reichte die Milch der Wöchnerin nicht aus, musste eine Alternative gefunden werden; Ammen stillten dann die Neugeborenen.

Ab dem 18. Jahrhundert wurde in Holland Anissamen nicht nur von der Mutter gegessen. Es wurde zu einer Spezialität für den Besuch. Erwachsenen bekamen Anislikör – genannt Mutterschaftsanis – aus Anissamen und für die Kinder gab es verzuckerte Anissamen. Die verzuckerten Samen waren in einem Glasfläschchen mit engem Hals aufbewahrt. Dies symbolisierte den Mutterleib. Die Samen waren sehr kostbar, deshalb durften Kinder nur ein paar Samen aus der Flasche naschen.

Warum rosa für Mädchen und blau für Jungen?

Ein weiteres Jahrhundert später wurden die kandierten Samen auf einem Keks serviert. Ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bekamen die Anissamen ihre Farbe: Rosa für Mädchen und Weiß für Jungen. Gelegentlich wurde eine Ausnahme gemacht zum Beispiel als 1938 Prinzessin Beatrix geboren wurde. Das ganze Volk aß damals zum ersten Mal orangefarbene Anissamen.

Die blauen Anissamen gab es erst um die 1990er herum. Rosa war schon immer die Farbe für Mädchen. Schon immer mussten Frauen weich, süß und anschmiegsam sein. Hellblau war eigentlich auch eine ‚Mädchenfarbe‘, aber das hat sich mittlerweile geändert. Denn Blau symbolisiert Schutz und weil Jungen früher als wertvoller angesehen wurden als Mädchen, wurde Blau zur Farbe für kleine Jungen. Seitdem werden bei der Geburt eines Jungen blaue Anissamen serviert. Man kann Anisstreusel in allen Supermärkten des Landes kaufen.

Warum die gezuckerten Anissamen ‚Mäuschen‘ heißen?

Die gezuckerten Samen heißen in Holland ‚Mäuschen‘. Anissamen haben an einer Seite ein winziges Härchen. Diese bleibt oft sichtbar, selbst wenn der Anissamen mit Zuckerguss überzogen wurde. Zudem ist die Maus ein Fruchtbarkeitssymbol, da sich dieses Tier rasend schnell vermehren. Sehr zum Leidwesen der Niederländer. Denn in diesem nassen Land, gibt es immer irgendwo eine Mäuseplage.

Ein weiterer Brauch rundum die Geburt

Ein weiterer typisch niederländischer Brauch für die Zeit nach der Geburt ist das Versenden von Geburtskarten. Schon seit ungefähr 1878, als Postdienst eingeführt wurde, war es Brauch, um nach der Geburt eine Karte zu verschicken. Man freut sich natürlich, wenn diese mit einer Glückwunschkarte beantwortet wird.

Der Mutterschaftstürklopfer

Ein weiter altertümlicher Brauch, den viele in Holland auch nicht mehr kennen, ist der ‚Mutterschaftstürklopfer‘. Nach der Geburt eines Kindes hing vierzig Tage lang ein Stückchen Spitze um den Türklopfer der Familie des frischgeborenen Babys. Damit wurde angedeutet, dass Gläubiger, Gerichtsvollzieher, aber auch Einbrecher und andere Unbefugte das Haus nicht betreten durften. Die Familie sollten allein gelassen werden, um sich an die Ankunft des neuen Familienmitglieds zu gewöhnen. Vielleicht aber auch, um durch lautes Klopfen an der Tür das Baby nicht zu wecken.

Wie in Deutschland auch wird bei der Geburt das Haus mit einem Storch, der ins Fenster fliegt, geschmückt. Vielleicht ist das ja die moderne Version des Mutterschaftstürklopfers.

Besuch bei der Geburt

Auch der Mutterschaftsbesuch ist in Holland eine uralte Tradition. Wenn ein Kind geboren wird, bekommt die Familie Besuch aus der ganzen Gemeinde. Statt Plüschtiere, Strampler oder Babyspielzeug brachten Nachbarn früher Eier, Kraftbrühe oder rotes Fleisch mit. Al das, um der Mutter nach der Geburt Kraft zu spenden.

Das also zu den verschiedenen Bräuchen rundum die Geburt kleiner Holländer. 😉

Das Geburtstage in Holland ganz anders gefeiert werden als in Deutschland, habt ihr bereits an anderer Stelle gelesen. Mit diesem Beitrag seid ihr gut vorbereitet, sollte in eurem holländischen Bekanntenkreis einmal ein Baby geboren werden.

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