Wenn sich auf eurer Urlaubsreise kurz vor Utrecht die Autos durch den Feierabendverkehr quälen, haben wir nur eine Lösung: Raus aus dem Stau. Aber wohin, wenn man nicht mehr kennt, als die üblichen Rastplätze an der Autobahn? Deshalb teile ich gern mal einen Tipp mit euch, um eventuell etwas später, aber vor allem völlig entspannt an der holländischen Küste ankommt. Mein Motto ist immer: Der Weg ist das Ziel, womit ich meine, der Urlaub beginnt mit dem ersten Kilometer.
Raus aus dem Stau für einen Museumsbesuch
Um direkt mit der Tür ins Haus zu fallen, kurz vor Utrecht – wenn man von Arnheim kommt – befindet sich auf der Südseite der Autobahn A12 das Fort bei Vechten. Eine Festung von historischer Bedeutung. Dieses Fort ist Teil der ‚Neuen Holländischen Wasserlinie‘ und beherbergt das Wasserlinien-Museum. Dort erfährt man alles über die Entstehung und das Prinzip dieser weltweit einzigartigen Verteidigungsanlage, die seit 2021 UNESCO-Weltkulturerbe sind. Ein Besuch ist absolut lohnenswert.
Raus aus dem Stau für einen Spaziergang am ‚Fort bij Vechten‘
Aber auch, wenn ihr für das Museum keine Zeit nehmen möchtet, ein Besuch lohnt sich auf jeden Fall. Man kann rundum den Fort einen kleinen Spaziergang machen, etwas essen oder die Toilette benutzen. Wenn man Zeit hat eine etwas größere Runde zu machen, kann man auch zum Castellum Fectio laufen. Denn genau hier – südlich der A12 – kreuzen sich der Limes und die Neue Holländische Wasserlinie. Castellum Fectio ist eine originalgetreue Rekonstruktion aus dem Jahre 315 nach Christus. Es ist die älteste und größte römische Festung der Niederlande. Auf dem Rundweg zwischen dem Fort und dem Kastell kann man die Rekonstruktion eines römischen Wachturms bewundern. Für Jung und Alt eine sehenswerte Umgebung. Über den Limes erzähl ich noch ein anderes Mal.
Was ist eigentlich die Neue Holländische Wasserlinie?
Die Neue Holländische Wasserlinie ist in 1815 angelegt worden uns somit die älteste der zwei ingeniösen Verteidigungswerke der Niederlande. Der Teil in dem ihr euch hier befindet, liegt zwischen der ehemaligen Zuiderzee bei Amsterdam und dem Biesbosch bei Gorinchem. Der andere Teil, die Stellung von Amsterdam, liegt rundum Amsterdam. Auch dort möchte ich unbedingt einmal hin und werde dann direkt berichten.
Diesmal war ich in der Nähe von Schalkwijk, südlich von Utrecht an der Neuen Holländischen Wasserlinie. Dieser Teil ist 85 km lang und besteht aus 45 verschiedenen Forten, 6 Festungsstädten unter anderem Naarden, worüber wir schon einmal berichtet haben, 2 Schlösser (Muiderslot bei Amsterdam und Slot Loevestein in der Nähe von Gorinchem), zahlreiche Kasematten, Unterschlüpfe, Schleusen und Wasserwerke.
Das Prinzip der Neuen Holländische Wasserlinie
Die Niederlande haben – wie wir wissen – ein besonderes Verhältnis zum Wasser. Sie nutzen es, wo es eben möglich ist, eben auch zur Verteidigung des Landes. Dazu wird das 85 km lange Gebiet mit Hilfe zahlreicher Schleusen im Angriffsfall, mit Wasser überflutet. Das nennt man Inundation und dauert zwei Tage. Die Höhe des Wassers ist gerade mal um die 40 cm hoch. Gerade so viel, dass man nicht trocken auf die andere Seite komt, aber auch wieder nicht so viel, dass man die gegenüberliegende Seite mit einem Boot erreichen könnte. Das Ziel der Inundation ist es, um die Regierungssitze, Amsterdam und den Haag vor einem Angriff zu schützen.
Die Wasserline ist dreimal zum Einsatz gekommen, wovon zweimal erfolgreich für die Niederlande.
- Das erste Mal während des Deutsch-Französischen Krieges von 1870 bis 1871.
- Das zweite Mal war während des Ersten Weltkriegs von 1914 bis 1918. Ein deutscher Spionagebericht aus dieser Zeit wies darauf hin, dass die Wasserlinie wahrscheinlich unüberwindbar war. Das ist vielleicht der Grund, dass Deutschland die Niederlande im zweiten Weltkrieg letztendlich in Ruhe gelassen hat.
- Die letzte Mobilisierung fand 1939-1940 am Vorabend des Zweiten Weltkriegs statt. Das System erwies sich dann aber als völlig überflüssig. Die Deutschen überflogen es einfach.
Übersicht der gesamten Holländischen Wasserlinie
Egal ob ihr auf der A1, der A2, der A12, der A15 oder der A27 fahrt, in dem gesamten Gebiet zwischen Utrecht und Amsterdam und zwischen Utrecht und Gorinchem findet ihr Zeichen der Vergangenheit.
Auf dieser Karte, von der ich ein Foto gemacht habe, kann man die Stellung von Amsterdam und die Neue Holländische Wasserlinie sehr gut erkennen. Das Fort bij Vechten findet ihr bei der Nummer 41. Sowohl nördlich als auch südlich davon findet Ihr dutzende dieser historischen Stätte.
Vielleicht seit ihr schon mal am Autobahnkreuz ‚Everdingen‘ (Autobahnkreuz zwischen A2 und A27) vorbeigefahren. Das gleichnamige Fort (Nummer 51) beherbergt eine Bierbrauerei mit kleinem Restaurant. Es liegt 5 Minuten von der Autobahn entfernt.
Wenn ihr auf dem Weg in eure Ferienwohnung an der Küste raus aus dem Stau wollt, dann können wir einen Abstecher zu einem Fort nur empfehlen. Alles spannender als im Stau stehen…
Solltet ihr noch Fragen haben, dann stehe ich gern zur Verfügung.