Beine wie Bohnenstangen, mit Schulranzen – meine Deutsche Oma sagte ‚Tornister‘ – der größer war als ich selbst, dicke, blonden Zöpfe, gerade mal 12 Jahre alt, werde ich zu meinem ersten Kindergeburtstag eingeladen, an den ich mich noch erinnern kann. Billy sitzt neben mir, überreicht mir die Einladung und ich weiß im selben Augenblick, was ich ihr schenken werde: das was Holländer gerne frühstücken, Zuckerstreusel in Pastellfarben: in zartem rosa, hellem orange und sanftem gelb. Ich fülle sie ab in eines der Senfgläser aus den 1980-er Jahren, binde eine farblich passende Schleife um den Fuß und klebe ein selbst gemachtes Etikett drauf – mit dem Titel: ‚Holländischer Zucker‘.
Frühstücken mit Holländischem Zucker
Wer mich fragt, was Holländer frühstücken, denke ich zuallererst, immer und grundsätzlich an ‚holländischen Zucker‘. Diesen Namen haben mein Bruder und ich diesen Streuseln verliehen. Auf den Verpackungen steht eigentlich ganz langweilig ‚vruchtehagel‘. Man braucht der niederländischen Sprache nicht wirklich mächtig zu sein, um zu verstehen, was das bedeutet. Allerdings kann von viel Frucht keine Rede sein. Die Zutatenliste besagt: 94% Zucker, 5% Apfelsaft – das erklärt einiges… Der Rest besteht aus Farbstoffen, Aromen und Traubenzucker. Wissenswert ist noch, dass ‚vruchtehagel‘ bereits 1928 auf den Markt gebracht wurde. Er feiert also in 5 Jahren seinen 100. Geburtstag.
Es gibt diese Streusel auch mit Waldfruchtgeschmack – für mich aber ein absolutes No Go…
Anisstreusel in rosa und weiß
Eine weitere, noch ältere Spezialität sind die Anisstreusel, entweder in rosa und weiß oder – seit 1993 in blau und weiß. Mäuschen werden sie hier genannt. Die Firma ‚De Ruijter‘ brachten sie schon im Jahr 1860 auf den Markt. Holländer verzehren sie nicht nur zum Frühstück sondern auch immer bei Geburten.
Das Anis ist natürlich durch den Kontakt mit den indischen Kolonien per Schiff nach Holland gekommen.
Bebogeen
Ich kann mir kaum vorstellen, dass ein deutscher Urlauber in Holland jemals ‚Bebogeen‘ gekauft hat… ‚Bebogeen‘ ist eine streichfähige, klebrige Karamellcreme, die kurz nach dem zweiten Weltkrieg entstanden ist. In der Zeit war Butter kaum zu erhalten und genau dies ist der woher der Name ‚Bebogeen‘ kommt:
GeenBoter Beschikbaar – Be-Bo-Geen.
Allerdings erzählte der Sohn des letzten Privatbesitzers 2009 einem Journalisten von De Telegraaf, dass der Namen: Benno und Bob. Jeweils der Sohn und der Neffe des ursprünglichen Produzenten Benno Benninga.
Schokoladenflocken und Schokoladenstreusel
Im Jahr 1955 kommen die Schokoladenflocken auf den holländischen Frühstückstisch, 1957 die Schokoladenstreusel. In diesem Jahr gab es eine kleine Finanzkrise in Holland. Cees de Ruijter hatte vollstes Vertrauen in sein Produkt:
„Über die Finanzkrise brauchen wir uns keine Sorgen zu machen. Je größer die Krise, desto mehr Streusel essen die Leute auf’s Brot.“
Ich weiß gar nicht, ob ich noch erwähnen muss, dass es beide Sorten in verschiedenen Varianten gibt: Milch und Extra Pur und alles dazwischen drin.
Kokosbrot
Wer hat schon mal Kokosbrot gekauft? Meistens liegt es im Regal ganz unten. Kokosbrot ist weiß, manchmal auch rosa oder bräunlich. Dann ist Kakao drin. es wird in Holland bereits seit 1954 hergestellt. Bei meiner Oma in Rotterdam kam es immer auf den Frühstückstisch. Mittlerweile liefert die Firma Theunisse aus Harderwijk auch Streusel mit Kokos. Unbedingt mal probieren. Wir möchten aber unbedingt wissen, wie es schmeckt..
Auch der Bestandteil Kokos hat es per Schiff nach Holland geschafft. Genauso wie die Gewürze aus der nächsten Kategorie.
Spekulatius auf’s Brot – auch das frühstücken Holländer
Das was in Deutschland der Mohrenkopf/Negerkuss aufs Brötchen ist, ist in Holland das Spekulatiusplätzchen. Keine Angst, die Diskussion, ob man heutzutage noch Mohrenkopf oder Negerkuss sagen sollte, gibt es hier auch. Aber zurück zum Spekulatius, diese dünne Plätzchen schmecken herrlich auf das fluffige Weißbrot, wie es das hier beim Bäcker gibt.
Seit einigen Jahren gibt es auch die Spekulatiuscreme und die Schuddebuikjes. Die kleinen Böllchen im roten Tetrapak, die genauso schmecken wie die Kruidnoten oder Pepernoten, eine echte Nikolaus-Spezialität, die es hier ab August im Supermarkt gibt. Ungelogen!!! Wer Ende August noch in Holland ist, kann sich das auf jeden Fall mit nach Hause nehmen. Die Schuddebuikjes gibt es allerdings das ganze Jahr. Ein sehr gutes Marketing, das muss man den Holländern lassen. Das hatten wir ja schon mal bei der Milch.
Dies sind im Großen und Ganzen die süßen Spezialitäten, die Holländer frühstücken. Allerdings nicht nur auf Brot, sondern auch auf ‚beschuit‘, die kleinen, runden Zwieback. Einige dieser Frühstücksspezialitäten haben wir bereits in unserem holländischen Kochbuch ‚Lecker NL‘ beschreiben. Es ist immer noch und ausschließlich in unserem Webshop erhältlich.
Natürlich frühstücken Holländer auch Käse und Wurst. Allerdings stelle ich euch gern noch etwas anderes vor, was viele Urlauber hier nicht unbedingt aus dem Supermarkt mitnehmen:
Sandwich Spread
Das Sanwich Spread ist in Deutschland vielleicht auch schon in den Supermärkten angekommen. Es ist ein herzhafter, streichfähiger Brotbelag in verschiedenen Geschmacksrichtungen. Hauptbestandteile sind Gemüse, beispielsweise Stangengurken oder Paprika mit Mayonaise. Aber aufgepasst: ich nenne es zwar herzhaft, aber trotz.allem steckt hier 11 – 14% Zucker drin, je nach Geschmack.
Ganz lecker und was viele Holländer auch frühstücken, ist – natürlich süß – ‚ontbijtkoek‘. Zu deutsch: Frühstückskuchen, eine Art Gewürz- oder Honigkuchen. Auch diesen gibt es in vielen verschiedenen Varianten, wovon ich vor allem den mit Ingwer empfehlen kann.
Bin doch sehr gespannt, was ihr schon ausprobiert habt.
Mir fehlt hier eindeutig Pindakaas, die berühmte Erdnussbutter! Aufs Brot, als Sossengrundlage und natürlich zum Löffeln direkt aus dem Glas. Wir haben immer welche im Schrank. Wir essen am liebsten die ohne Stückchen, die mit Stückchen kommt nur in der Weihnachtsbäckerei zum Einsatz.
Der Pindakaas fehlt eindeutig, Petra! Da hast du völlig recht. Vor allem muss man erwähnen, dass der von Calvé ohne Zuckerzusatz ist. Im Gegensatz zu all den Amerikanischen Sorten… Und dass er viel billiger ist als in Deutschland.
Das ist witzig, ich bin gerade in Holland im Urlaub, wollte tatsächlich alles kaufen, was hier typisch ist und ich nicht kenne und das sind ungelogen all diese Sachen, die ihr aufgezählt habt.😀😂
Zwei Sachen kommen noch dazu, die ich mitgenommen habe: Appelstroop und Goudkoupje.
Das freut uns ja total! Ich werde vor allem den Appelstroop aber auch den Schmierkäse an die Einkaufsliste hinzufügen. Sehr wertvoller Tipp. Da sieht man mal, dass manche Lebensmittel schon so offensichtlich sind, dass ich die glatt vergesse. Herzlichen Gruß und groetjes uit Nederland…
Nach über 50 Jahren meiner Reisen nach Holland (ich glaube, ich war damals 8 Jahre alt und fuhr mit meinen Schwestern auf den Campingplatz nach Rijnsburg in das Häuschen unter dem Apfelbaum), habe ich geglaubt, schon alles ausprobiert zu haben. Das erste, an das ich mich bewusst erinnere, ist der unglaublich cremige Geschmack von Vanille-Vla, dem ich bis heute treu geblieben bin und den es mittlerweile Gott sei Dank auch in unseren Discountern gibt. Dann gab es, außer Hagelslag, Pindakaas und Kokos Brood auch noch eine Creme mit Namen „Duo Penotti“, in einem Glas mit halb weisser, halb dunkler „Schokolade“, die ich eine zeitlang geliebt und rege verzehrt habe. Natürlich versteckte sich darin jede Menge Zuckermasse, die mir bestimmt heute in meinen Kunstzähnen Schmerzen bereiten würde…! 🙂
Beschuit met muisjes gab es bei meiner Nichte zur Geburt ihrer Tochter, ganz traditionell, und die Kleine hat die ganze Zeit geschlafen und war soooo ruhig – das hat sich Gott sei Dank bis heute heftig verändert; sie ist total lebendig und kann kaum stillsitzen, aber süß und lieb ist sie geblieben! Grüße nach Limmen!!
Den ontbijtkoek kannte sogar schon mein Mann – den gab es früher schon immer bei seiner Oma in Goch, und wir nehmen auch regelmäßig mindestens eine Portion von Peijnenburg mit nach Hause – herrlich morgens mit frischer Butter!
Oh ja, beinahe hätte ich die „stroopwafels“ vergessen, die ich ebenfalls gerne nachmittags zum Kaffee gegessen habe, aber bei ihnen verhält es sich ganz so wie mit der „Duo Penotti“-Creme, die künstlichen Zähne, Sie verstehen…!
Was ich nach wie vor sehr liebe und leider bis heute nur in Holland in mein Müsli tun kann, ist der herrlich frische und sämige holländische Joghurt, egal mit welchem Fettanteil, der von nirgendwo anders so schön auf die Haferflocken und die frischen Früchte sämt und so leicht und frisch schmeckt. Den esse ich immer in einem der geliebten PeOos-Apartments mit Meerblick, wenn der Fischkutter morgens an der Küste entlangfährt, begleitet vom Geschrei der Möwen, die ihren Teil des Fangs einfordern. Das führt mich zu den frischen Matjes, aber das würde nun zu weit führen und die essen wir auch noch nicht zum Frühstück….!
Liebe Grüße aus Düsseldorf an die See!
Hallo liebe Sabine, vielen herzlichen Dank über Ihren netten Kommentar zu unserem Artikel. Ich habe bis über beide Ohren geschmunzelt. Echt Holland-Liebhaber verstehen sich einfach. Wir senden einen lieben Gruß in unsere alte Heimat, Deutschland. (Wo ich eigentlich viel lieber einkaufen gehe… das mag daran liegen, dass ich schon fast 30 Jahre in Holland wohne. ;-))